Selbstdarstellung der Lifa03

An den Universitäten liegt so einiges im Argen – so auch an der Marburger. Von 23 Professuren am Fachbereich 03 sind nach wie vor lediglich drei mit Frauen besetzt, die Debatte über Einführung von Studiengebühren ist auch nach der jüngsten Senatsentscheidung gegen Gebühren für das Erststudium nicht vom Tisch, und mit dem rassistisch angewandten Instrument der Rasterfahndung werden bestimmte (nämlich die »gerasterten«) StudentInnen pauschal kriminalisiert. Und das sind nur einige wenige Beispiele. Widerstand gegen, Diskussion über oder auch nur bewusste Beschäftigung mit diesen Themen findet kaum statt. Wenn hier so augenscheinlich tiefgreifend und diskriminierend in die Entscheidungsmöglichkeiten und die Lebenschancen von Menschen eingegriffen wird, sollte das keine und keinen gleichgültig lassen.

In diesem Zusammenhang ist es notwendig zu erkennen, dass die in Universitäten dominanten Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen nur Teil und Abbild der gesellschaftlichen Verhältnisse sind.

Die Linke Fachschaft 03 (Lifa03) wurde im Bewusstsein dieser Zusammenhänge gegründet, um deren Auswirkungen und Ursachen inner- und außerhalb der Universität zu bekämpfen. Insofern beschränken wir uns nicht auf den universitären Rahmen; dieser ist lediglich Teil unserer Arbeit.

Wir verstehen uns nicht als eine Art ständische Vertretung aller Studierenden am Fachbereich 03 und glauben auch nicht, dass es so etwas wie ein homogenes studentisches Interesse gibt. Vielmehr wollen wir zum einen an der Uni (wieder) Räume für linke Inhalte schaffen helfen, und zum anderen gegen rassistische, sexistische und soziale Diskriminierung vorgehen.

Entsprechend unserem Selbstverständnis treten wir einer gezielten Elitenförderung an der Uni entgegen. Dabei verlieren wir nicht aus den Augen, dass Studierende schon alleine dadurch, dass sie Zugang zu Hochschulbildung haben, in dieser Gesellschaft einer Elite angehören. Dies ist nicht nur dem hohen gesellschaftlichen Prestige eines Hochschulabschlusses geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass - entgegen allen Beteuerungen von Seiten der diversen Regierungen - Bildung nicht für Jede und Jeden zugänglich ist. So werden schon bei der Zulassung zum Studium rassistische Kriterien angewandt und durch die stetig steigenden Lebenshaltungskosten und die mögliche Einführung von Studiengebühren soziale Hürden errichtet. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass in den letzten Jahren immer weniger ArbeiterInnenkinder studieren. Der Zugang von Frauen zu höheren universitären Abschlüssen und Professuren an der Uni wird systematisch erschwert. Die propagierte Chancengleichheit erweist sich an dieser Stelle ein weiteres Mal als Mythos!

Dem Zusammenhang von Hochschule und »restlicher Welt« entsprechend wird die Uni mehr und mehr in die Pflicht genommen. Die derzeit hegemoniale Ideologie und Praxis der Standortsicherung lässt auch die Hochschulen nicht unberührt. Die Diskussionen um Studiengebühren, um Mentorierung, um die Einführung eines Bachelor-Master Studiengangs am FB 03 etc. sind nichts anderes als Ausdruck eines Bildungssystems, welches sich mehr und mehr kapitalistischen Verwertbarkeitskriterien unterordnet. In diesem Sinne werden Effizienz, Anpassungsfähigkeit und Einhaltung der Regelstudienzeit zu neuen Bildungsidealen stilisiert. Dies fordert und fördert ein unreflektiertes Studium, in dem z.B. Langzeitstudis zu »Sozialschmarotzern« werden und Studiengebühren zum probaten Mittel gegen genau diese vorzugehen. Die Fokussierung auf die Bereitstellung »qualifizierter« Arbeitskräfte für die Volkswirtschaft lehnen wir u.a. deshalb ab, weil sie Menschen zu »Humankapital« degradiert, dessen einzige Daseinsberechtigung in seiner, also der Menschen Ausbeutbarkeit besteht.

Die Umgestaltung der Hochschulen und des Studiums in dieser Weise begünstigt ein affirmatives Studium, verhindert also ein kritisches und selbstbestimmtes Studieren und eine Auseinandersetzung mit den allgemein- und hochschulpolitischen Verhältnissen. Dieser Entwicklung arbeiten wir mittels Flugblättern und Veranstaltungen, durch Engagement in den Hochschulgremien und Mitarbeit in politischen Bündnissen auch außerhalb der Universität entgegen. Wir versuchen, universitäre Entscheidungen transparent und studentische Opposition sichtbar zu machen. Und ganz nebenbei finden wir Korporierte auch noch Scheiße.

(lifa)

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